16. Shuangguan 雙關 "Doppelbezug"
Das absichtliche Zurechtlegen doppel-deutiger Worte heißt "Shuangguan".
Beispiele
Klassisches Chinesisch
秦失其鹿, 天下共逐之.
Qin shi qi lu, tian xia gong zhu zhi.
Die Qin verloren den Hirsch [Himmelsgunst], und alle unter dem Himmel verfolgten ihn gemeinsam.
Quelle: Sima Qian "Historische Aufzeichnungen,
siehe Xiucixue
S. 219
Modernes Chinesisch
學生多四眼, 勤讀成"進士"
Xuesheng duo siyan, qin du cheng "jinshi"
Die Schüler werden zunehmend vieräugig, fleißiges Studieren macht
zum "Jinshi" [ein Gelehrtentitel +
"kurzsichtig"]
Quelle: Überschrift der China Times,
siehe Xiucixue
S. 219
Erinnert an ...
- "Ambiguität"
- "Ambiguitas"
- "Wortspiel"
- "Homonym"
Ausführliche Erklärung
Der folgende Text ist gleich dem im Buch Xiucixue S. 217ff.
A. Das Wortzurechtlegemuster
1. Hinführung
Unter einem "Shuangguan" wird ein doppeldeutiger
Ausdruck verstanden. Ich bin fertig. beispielsweise kann
sowohl Ich habe die Arbeit zuende gebracht. als auch Ich
bin am Ende meiner Kräfte. bedeuten. Der Satz kann
absichtlich in diesem Doppelsinn gebraucht werden, insbesondere dann,
wenn beides in der Realität zutrifft. Vom "Doppelsinn"
eines Wortes oder Satzes zu reden ist nicht unproblematisch.
Wortkörper und Wortbedeutung sind nicht gefügt wie die
zwei Leisten eines Tisches. Es ist daher in der Sprachwissenschaft
üblich, Wortkörper und Wortbedeutung als wie die beiden
Seiten eines Blatt Papiers miteinander verschmolzen zu betrachten.
Anderseits wird selbstverständlich von der "Mehrdeutigkeit"
eines Worts gesprochen. Beide Ansichten widersprechen sich.
Betrachtet man das Wort als ein Verschmelzungsgebilde aus dem
Wortkörper und der Wortbedeutung, so muss man bei einem
mehrdeutigen Wort mehrere verschiedene Wortkörper annehmen,
welche zwar äußerlich völlig gleich sind, welche sich
jedoch durch die Verschmelzung je mit einer anderen Wortbedeutung
voneinander unterscheiden. Um im Bild zu bleiben: Ebenso wie es keine
Papierblätter gibt, welche nur eine Vorderseite, aber mehrere
Hinterseiten besitzen, gibt es keine Wörter, welche nur einen
Wörtkörper, aber mehrere Wortbedeutungen besitzen. Von der
"Mehrdeutigkeit" eines Worts zu sprechen, bedeutet
lediglich eine praktische Vereinfachung. Wenn sich beispielsweise
unter dem Wort "Artikel" in einem Bedeutungswörterbuch
den vier Bedeutungen ("Zeitungsartikel", "Gesetzesartikel",
"Warenartikel", "Artikelwort") entsprechend vier
Einträge finden, dann muss man konsequenterweise von vier
verschiedenen Wörtern sprechen. Entsprechend handelt es sich bei
dem "doppeldeutigen" Satz Ich bin fertig. im Grund
genommen um zwei verschiedene Sätze, die äußerlich
gleich sind und wie übereinandergeschoben erscheinen. –
Mögen diese Bemerkungen zur Diskussion anregen!
Analoge Termini
|
Rhetorik
LAUSBERG Bd. 1 S. 122 f. : "ambiguitas"
LEMMERMANN S. 127: "Wortspiel"
Poetik (Stilistik)
THALMAYR S. 64 f. : "Ambiguität"
(Textbeispiel)
Literaturwissenschaft
LINK S. 24 f. : "Homonym"
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2. Das Wort "shuangguan"
Der obere Teil des Schriftzeichens 雙
shuang,
雔(zwei 隹
zhui "kurzschwänzige
Vögel"), deutet
grafisch seine Bedeutung "doppelt" an. Das Schriftzeichen 關
guan
"schließen" zeichnet das Bild zweier Türflügel,
welche ein Balken verbindet. Die Konnotation des Verbindens tritt als
Denotation beispielsweise in der Kombination A 與
B 有關
A yu B you
guan "zwischen A und B gibt es eine Beziehung"
hervor. Das Wort "shuangguan" kann in diesem Sinn mit
"Doppelbezug" übersetzt werden, das heißt, es
bestehen ausgehend von einem Glied zwei Beziehungen: zwischen A und B
einerseits, zwischen A und C anderseits.
3. Begriffsbestimmung
Das Shuangguan, der "Doppelbezug", gehört allgemein
zu jenen Arten von Ordnungen, in welchen ein Element zugleich Träger
von zwei Beziehungen ist. Als Träger-Element fungiert entweder
ein Einzelwort oder eine Wortgruppe. Die Beziehungsart, welche in
zweifacher Weise von dem Element ausgeht, besteht in der Intention
der Bedeutung (lat. in "in ... hinein", tendere
"spannen"), das heißt, das Sprachelement
bezieht sich inhaltlich zugleich auf zwei verschiedene Gegenstände,
welche, wenn der Wortsinn verstanden wird, gemeint und entweder
bildlich oder symbolisch vorgestellt werden können. Das
Shuangguan wird nicht durch eine extensive Ordnungsmehrung in der Art
gebildet, dass einem sprachlichen Element, das Träger einer
einzigen Bedeutung ist, eine zweite Bedeutung etwa vermöge einer
allegorischen Interpretation hinzugefügt wird, sondern es werden
vielmehr doppelsinnige Wörter und Wortgruppen aus einem
bereitliegenden Bestand von doppelsinnigen Sprachelementen ausgewählt
und gesetzt. Die Voraussetzung für das Verwenden eines
Shuangguan bildet daher die Kenntnis wenigstens eines Teils jener
doppeldeutigen Wendungen, welche die Sprache gleichsam in ihrem
"Ambiguitäten-Lexikon" verzeichnet bereithält.
4. Beispiele
Im folgenden ersten Beispiel ist lu
das ambiguose Wort, das sowohl 鹿 lu
"Hirsch" als auch 祿 lu
im Sinn von "Himmelsgunst" (天祿
tianlu)
bedeutet. Im zweiten Beispiel sind es die zwei Schriftzeichen
eines Worts, welche Träger der Doppeldeutigkeit sind. 進士
jinshi
(Gelehrtentitel) kann und soll zugleich in der Bedeutung von 近視
jinshi
"kurzsichtig" aufgefasst werden.
Klassisches Chinesisch
|
秦失其鹿,
天下共逐之.
Qin shi qi lu, tian
xia gong zhu zhi.
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Die Qin verloren den Hirsch [Himmelsgunst], und alle unter
dem Himmel verfolgten ihn gemeinsam.
(Sima Qian
"Historische Aufzeichnungen)
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Modernes Chinesisch
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學生多四眼,
勤讀成
"進士"
Xuesheng duo siyan, qin du
cheng "jinshi"
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Die Schüler werden zunehmend vieräugig, fleißiges
Studieren macht zum "Jinshi" [kurzsichtig]
(Überschrift
der China Times)
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5. Homographie, Heterographie, Homophonie und
Heterophonie
Die Wörter "Homographie", "Heterographie",
"Homophonie" und "Heterophonie" werden im
Folgenden mithilfe von deutschsprachigen Beispielen als
Analysebegriffe des Shuangguan eingeführt:
Homographie:
"gleiche Schreibung"
Heterographie:
"verschiedene Schreibung"
Homophonie:
"gleiche Lautung"
Heterophonie:
"verschiedene Lautung"
Ihre Kombination erleichtert das Verständnis des Shuangguan
in erheblichem Maß:
Heterographie – Homophonie:
Mohr und Moor bilden ein Beispiel für zwei
homophone Wörter, das sind zwei Wörter, deren Lautung zwar
gleich ist, deren Bedeutung und Schreibung jedoch verschieden ist, so
dass sich es sich genaugenommen um zwei heterografisch-homophone
Wörter handelt.
Homographie – Heterophonie:
Die homografischen Wörter sind im
Deutschen sehr selten. Die Schreibung modern
beispielsweise steht sowohl für modern
im Sinn von "verfaulen" wie auch modern
im Sinn von "neuzeitlich".
Da die Aussprache in beiden Fällen verschieden ist, handelt es
sich um zwei homografisch-heterophone
Wörter.
Homographie – Homophonie:
Würde man die Groß- und
Kleinschreibung im Deutschen abschaffen, so ließe sich nicht
mit Sicherheit sagen, ob die Wortgruppe der
gefangene floh entweder "Der
Gefangene floh." oder "der gefangene Floh" bedeutet.
Es handelte sich in diesem Fall um zwei homografisch-homophone
Sätze, zwischen welchen entschieden werden müsste.
Heterographie –
Heterophonie:
Die Wörter rot und grün sind zwei
heterografisch-heterophone Wörter, da sie sowohl in
Lautung wie Schreibung differieren. Die heterografisch-heterophonen
Wörter (Wortgruppen) sind Wörter, welche nicht wie ein
anderes geschrieben oder ausgesprochen werden, so dass sie mit keinem
anderen assoziiert werden. Sie bilden die Textumgebung des
Shuangguan, das ist das, was kein Shuangguan ist, der "Normalfall",
vor dessen Hintergrund sich das Shuangguan als solches absetzt.
Alle anderen Möglichkeiten können als Grundlage des
Shuangguan fungieren. Sie werden im Folgenden besprochen. Die vier
Möglichkeiten in der Übersicht:
Zwei Wörter
(Wortgruppen)
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Schreibung
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Lautung
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Bedeutung
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heterografisch
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- homophon:
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verschieden
|
gleich
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verschieden
|
homografisch
|
- heterophon:
|
gleich
|
verschieden
|
verschieden
|
homografisch
|
- homophon:
|
gleich
|
gleich
|
verschieden
|
heterografisch
|
- heterophon:
|
verschieden
|
verschieden
|
verschieden
|
Heterographie – Homophonie:
Schriftzeichen
verschieden – Aussprache gleich – Bedeutung verschieden
Aufgrund der Homophonität des Chinesischen
kommt der Fall, dass die Aussprache zweier Wörter zwar gleich
ist, deren unterschiedliche Bedeutungen aber durch verschiedene
Schriftzeichen wiedergegeben wird, sehr häufig vor. Das
Shuangguan besteht auf dieser Grundlage darin, dass ein Wort
(Wortgruppe) das Sinnverständnis auf ein anderes homophones Wort
leitet. Im folgenden Beispiel stehen 鴻儒
hong
ru "großer
konfuzianischer Gelehrte" und 白丁
bai
ding
"gewöhnlicher Mann"
in semantischer Opposition. Der Sinn von 白
bai
ist "weiß" (vermutlich die farblosen
Kleider des "gemeinen Volks"). 鴻
hong
bedeutet "groß". Im Gegensatz zu "weiß"
hingegen erinnert das Wort ebenfalls an eine Farbe, nämlich an 紅
hong
"rot" (früher "rosa") ,
ferner an die farbenprächtigen Gewänder der hohen Beamten.
In dieser Interpretation ist die Aussprache (hong
versus hong)
gleich, die Schriftzeichen (鴻 versus
紅)
und die Bedeutungen ("groß" versus "rot")
hingegen sind verschieden. Das Wort 紅
hong
bildet das Shuangguan, insofern es sich sowohl auf die Bedeutung
"groß" als auch auf die Bedeutung "rot"
bezieht.
Beispiel
|
談笑有鴻儒,
往來無白丁.
Tan xiao you hong
ru,
wang lai wu bai
ding.
|
Unter denjenigen, mit welchen [er] plauderte und lachte, waren
große [in Rot gekleidete] konfuzianische Gelehrte, unter
denjenigen, mit welchen er verkehrte, war kein gewöhlicher
Mann.
(Liu Yuxi
"Aufschrift")
|
Homographie –
Heterophonie:
Schriftzeichen gleich – Aussprache
verschieden – Bedeutung verschieden
Es gibt im Chinesischen homografische Schriftzeichen, welche zwar
gleich geschrieben werden, aber eine unterschiedliche Aussprache und
Bedeutung besitzen. Die Bildung eines Shuangguan auf dieser Grundlage
ist selten. Das Schriftzeichen 樂
beispielsweise
steht sowohl für yue
"Musik" als auch le
"Freude". Das Shuangguan bestünde darin, dass 樂
in einem Satz sowohl yue
"Musik" als auch le
"Glück" bedeutete.
Homographie – Homophonie:
Schriftzeichen gleich –
Aussprache gleich – Bedeutung verschieden
Zwei verschiedene Bedeutungen können durch die gleiche
Wortgruppe (gleiche Schriftzeichen, gleiche Aussprache) vertreten
sein. 羞死 xiusi
le ist eine
häufige Redensart im Sinn von "Wie peinlich!" (eigtl.
"(Ich) sterbe vor Scham!"). Im folgenden Textbeispiel wird
die Redensart oszillierend im gewöhnlichen und wortwörtlichen
Sinn gebraucht.
Das Beispiel macht ein Problem virulent, das es
kurz zu erläutern gilt (vgl. "Hinführung"). Vom
Wortverständnis her setzt "Homonymie",
"Gleichnamigkeit",
voraus, dass es mindestens zwei verschiedene
Namen, Worte, sind, welche gleich sind, zumal es eine Gleichheit nur
zwischen zwei verschiedenen
Existentien geben kann. Das heißt, bei 羞死了xiusi
le
handelt es sich demzufolge um zwei verschiedene Wortgruppen, nämlich
um 羞死了 xiusi
le
im Sinn von "Wie peinlich!" einerseits und 羞死了
xiusi
le
im Sinn von "vor Scham gestorben" anderseits, welche
gleichsam übereinander geschoben werden, so dass, da ihre
Wortkörper gleich sind, ihr äußerlicher Unterschied
nicht mehr erkennbar ist, und sie nur noch von der Doppelbedeutung
her als zwei verschiedene Wortgruppen her erscheinen. Obgleich –
und das ist das Problem – der eine Ausdruck historisch ein
Derivat, eine Variante, des anderen darstellt, so dass sich ebenso gut
von einem
"Namen" mit zwei Bedeutungen sprechen ließe. Das
Beibehalten der Bezeichnung "Homonym" rechtfertigt sich
durch die Struktur des Verstehensakts. Im Verstehensakt des
doppeldeutigen Ausdrucks erscheint der eine Sinn ebenso wie der
andere als mit dem Wortkörper verschmolzen,
das heißt, Signifikant und Signifikat lassen sich genaugenommen
nicht trennen, so dass es zu sagen falsch ist "ein Signifikant
hat zwei Signifikate", und es heißen müsste "zwei
Signifikate haben den gleichen
[nicht!: den selben] Signifikant" .
Beispiel
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真是
"羞死了"!
少女好事被撞破.
回家上吊自殺了
Zhen shi "xiusi
le"!
Shaonü haoshi bei zhuangpo. Huijia
shangdiao-zisha le
|
Tatsächlich "vor Scham gestorben"! Das
Glück eines jungen Fräuleins zerstört. Nach Hause
zurückgekehrt hat sie
sich erhängt
(Zeitungsüberschrift)
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6. Einteilung und Arten
Das Shuangguan wird nach dem Träger der
Doppeldeutigkeit eingeteilt. Träger können das
Schriftzeichen, das Wort (Wortgruppe) und der Satz sein.
Klassifikation - Überblick
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a) Doppelbezug der Schriftzeichenaussprache (字音雙關
ziyin shuangguan)
Als kleinster Träger eines Shuangguan fungiert ein
Schriftzeichen, dessen Aussprache gleichlautend mit der eines anderen
Schriftzeichen ist. Auf diese Weise werden kraft einer
Aussprache zwei Schriftzeichen präsent. Die Homophonität
bewirkt, dass die Bedeutung des zweiten Schriftzeichens als zweiter
Sinn verstanden werden kann. In dem Beispiel im klassischen
Chinesisch oben
wird 鹿
lu
"Hirsch" gleich ausgesprochen wie 祿
lu
"Gunst". Da die erste Bedeutung keinen Sinn ergibt, löst
sich das Obskure des Texts erst, wenn man den zweiten Sinn
supponiert.
b) Doppelbezug der Wortbedeutung
(詞義雙關
ciyi shuangguan)
Als nächstgrößere Einheit fungiert ein solches
Wort (Wortgruppe) als Träger der Doppeldeutigkeit, dessen
Bedeutung zwiefach ist, und einmal in diesem, einmal in jenem Sinn
verstanden werden kann. Diese Art der Doppeldeutigkeit wird erst
wirksam, wenn beide Bedeutungen sinnig in den Satzkontext passen. Die
Doppeldeutigkeit entsteht unabhängig von der Aussprache allein
durch die Bedeutung. In der Regel sind alle Wörter äquivok
(mehrdeutig), ausgenommen die wissenschaftliche Termini technici,
welche, selbst wenn sie tatsächlich nicht univok (eindeutig)
sind, so doch univok sein sollen. Im folgenden Beispiel kann 相君之背
xiang jun
zhi bei sowohl "den Rücken des Edlen deuten"
wie auch "dem,
was des Edlen ist, den Rücken zukehren (rebellieren)"
bedeuten. Im zweiten Fall handelt es sich um einen versteckten Rat
zur Rebellion. Nur wenn der Text in beiderlei Sinn verstanden wird,
handelt es sich um ein 詞義雙關
ciyi
shuangguan.
Beispiel
|
齊人蒯通知天下權
在韓信,
欲為奇策而感
動之,
以相人說韓
信曰:
"仆嘗受相人
之術."
翰信曰:
"先
生相人如何?"
對曰:
"貴賤在於骨法,
憂喜在
於容色,
成敗在於決
斷,
以此參之,
萬不失一."
韓信曰:
"善.
先生
相寡人何如?"
對曰:
"愿少間."
信曰:
"左
右去矣."
通曰:
"相君
之面,
不過封侯,
又危
不安;
相君之背,
貴乃不
可言."
Qi ren Kuai Tong zhi tian
xia quan zai Han Xin, yu wei qi ce er
gan dong zhi, yi xiang ren
shuo Han Xin yue:
"Pu chang shou xiang ren zhi shu." Han Xin
yue: "Xian
sheng xiang ren ru he?" Dui yue:
"Gui jian zai yu gu fa, you xi zai
yu rong se, cheng bai zai yu jue
duan, yi ci can zhi, wan bu shi yi."
Han Xin yue: "Shan. Xian sheng
xiang gua ren ru he?" Dui yue:
"Yuan shao jian." Xin yue: "Zuo
you qu yi." Tong yue: "Xiang
jun zhi mian, bu guo feng hou,
you wei bu an; xiang jun zhi bei, gui nai bu
ke yan."
|
Kuai Tong, ein Mann aus Qi, erkannte, dass Han Xin die Macht
unter dem Himmel inne hatte, und wollte durch einen findigen Plan
auf ihn Einfluss nehmen, die Gestaltdeutung [die Kunst, den
Menschen und sein Schicksal an seinem Äußeren
zu erkennen] gegenüber Han Xin erwähnend, sagte er: "Ich
habe einst diese Kunst der Gestaltdeutung erlernt." "Wie
hat der Zuerstgeborene diese Kunst erlernt?", fragte Han
Xin. "Hohe oder niedere Position zeigen sich in der
Knochenstruktur, Leid oder Freude in der Mimik, Erfolg oder
Niederlage in der Macht, Entscheidungen zu treffen, wenn jemand
diese drei Faktoren beachtet, wird er in tausend
Fällen keinen
einzigen Fehler machen!" Han Xin sagte: "Nun gut. Und
was würde der Zuerstgeborene über mich sagen?"
Dieser erwiderte: "Dürfte ich Sie allein sprechen?"
"Die um mich mögen sich zurückziehen!",
befahl Han Xin. "Ihr Gesicht deutend," fuhr Tong fort,
"sehe ich, dass Sie nie mehr als ein feudaler Fürst
sein werden, und ich sehe Gefahr und Unfriede; aber wenn ich
des Edlen [Ihren] Rücken deute [wenn er gegen
das, was des Edlen ist, rebelliert], sehe ich unsgliche
Ehrungen!"
(Sima Qian
"Historische Aufzeichnungen")
|
Im folgenden zweiten Beispiel verweist
冷
leng
"kalt" auf die äußerliche und die innerliche
Kälte zugleich. Die äußerliche Kälte entsteht
aufgrund der niederen Raumtemperatur, die innerlich empfundene
aufgrund der menschlichen Gleichgültigkeit.
Beispiel
|
今夜這位詩人沒有回來,
柳儀感到冷
...
Jinye zhe wei shiren mei
you huilai, Liu Yi gandao leng ...
|
Heute Nacht ist dieser Dichter nicht zurückgekommen, Liu Yi
spürte die Kälte ...
(Tian Yuan
"Liu Yi")
|
c) Doppelbezug der Satzbedeutung
(句義雙關
juyi
shuangguan)
Als größte Träger-Einheit der Doppeldeutigkeit
dient der Satz. Die Doppeldeutigkeit entsteht diesmal nicht aufgrund
der Äquivokation des
einzelnen Worts (Wortgruppe), sondern der des ganzen Satzes. Beide
Bedeutungen ein und desselben Satzes müssen sinnig in den
Textkontext passen, damit das Shuangguan wirksam werden kann. Die
letzten beiden Sätze des folgenden Textauszugs können
einerseits als Beschreibung der Exstirpation, anderseits als Aufruf
zur Feindbekämpfung verstanden werden.
Beispiel
|
深耕溉種,
立苗欲疏,
非其種者,
鋤而去之.
Shen geng gai zhong,
li miao yu shu,
fei qi zhong zhe,
chu er qu zhi.
|
Tief pflügen wir und reich säen wir, / setzen den
Sämling, wo das Wasser ungehindert fließen mag, / was
immer wächst, was wir nicht gepflanzt, / das hacken wir raus
und schleudern es weg!
(Sima Qian
"Historische Aufzeichnungen")
|
Der letzte Satz im folgenden zweiten
Beispiel verweist sowohl auf die Monotonie der Saitenspiels wie auf
die Einförmigkeit des Lebens.
Beispiel
|
我乃庸俗的人,
我的旋律
單調而乏味,
僅能供自己
欣賞,
我只是個
"拉單
弦的人".
Wo nai yongsu de ren, wo
de xuanlü dandiao er fawei, jin neng gong ziji xinshang, wo
zhi shi ge "la dan xian de ren".
|
Ich bin ein gewöhnlicher Mensch, meine Melodie ist eintönig
und reizlos, nur mir selbst kann sie Freude bereiten, ich bin
bloß "ein Mensch,
der auf einer Saite spielt".
(Meng Lang "Weiß")
|
B. Die Gebrauchsregeln
Das Shuangguan besteht
gleichsam aus einem Sinn im Vordergrund und einem Sinn im
Hintergrund. Der Sinn im Hintergrund soll "hintergründig"
bleiben: Bedeutungsassoziationen, die jede/r sofort vollziehen
kann, sind zu vermeiden, wie beispielsweise 絲
si "Seide" 思
si "Denken" und 藕
ou "Lotoswurzel" 偶
ou "Figur" (Forderung nach
Hintergründigkeit). (黃慶萱 Huang Qingxuan: 修辭學 Xiucixue "Lehre vom Zurechtlegen der Worte", Taibei, Sanmin shuju 1988, S. 318) Der folgende Textauszug stellt in
vorbildlichem Maß Ansprüche an die Enträtselungsfähigkeit
der Leser. Was ist der Hintersinn von 三十六髻
san shi liu ji "36 Haarknoten"?
Regelrechtes Beispiel
|
宣和中,
童貫用
兵燕薊,
敗而竄.
一日內
宴,
教坊進伎爲三女婢
首飾皆不同.
其一,
當額
為髻,
曰:
"蔡太師家人也."
其二,
髻偏墮,
曰:
"鄭
太宰家人也."
又一人滿
頭為髻如小兒,
曰:
"童
大王家人也."
問其故.
蔡氏者曰:
"太師覲清
光,
此名朝天髻."
鄭
氏者曰:
"吾太宰奉祠就
第,
此懶梳髻."
至童氏者
曰:
"大王?接帽?
此
三十六髻也."
Xuan He zhong, tong guan
yong bing Yan Ji, bai er cuan. Yi ri nei
yan, jiao fang jin ji wei san si bi,
shou shi jie bu tong. Qi yi, dang e wei ji, yue:
"Cai Taishi jia ren ye." Qi er, ji pian
duo, yue: "Zheng Taizai jia ren ye."
You yi ren man tou wei ji ru xiao er, yue: "Tong
Dawang jia ren ye." Wen qi gu.
Cai shi zhe yue: "Taishi jin Qing
Guang, ci ming chao tian ji." Zheng shi zhe yue:
"Wu Taizai feng ci jiu di, ci lan shu ji."
Zhi Tong shi zhe yue: "Dawang fang yong bing,
ci san shi liu ji ye."
|
In der Regierungsperiode Xuan He [Nördliche Song] pflegte
man in Yan Ji die Kinder als Soldaten zu verwenden, erlitten sie
eine Niederlage, flohen sie. Eines Tages, als der Kaiser ein
Inneres Bankett gab, waren es drei, vier Konkubinen, die in den
Lehrteil kamen, jede mit einer anderen Haartracht. Die eine trug
den Haarknoten auf der Stirn und sagte: "Ich gehöre
zur Familie des Großlehrers Cai." Die zweite, die den
Haarknoten seitlich herabhängen ließ, sagte: "Ich
komme aus der Familie des Großverwalters Zheng." Und
eine andere, deren Kopf voll mit Haarknoten wie bei einem
kleinen Kind war, sagte: "Ich komme aus der Familie des
Großprinzen Tong [= Kind]." Sie wurden nach dem Grund
gefragt. Die Frau namens Cai sagte: "Der Großlehrer
sah das klare Licht, deshalb wird er 'Himmelwärts-Haarknoten'
genannt." Die Frau namens Zheng sagte: "Mein
Großverwalter opferte im Ahnentempel und schaffte prompt
das kaiserliche Staatsexamen, woraufhin er zu faul wurde, sich
die Haare zu kämmen." Die Frau namens Tong [= Kind]
sagte schließlich: "Als der Großprinz
strategisch die Soldaten einsetzte, waren es die 36
Haarknoten."
(Zhou Mi "Wilde
Worte")
|
Auflösung:
三十六髻 san
shi liu ji "36 Haarknoten"
三十六計 san
shi liu ji "36 Strategien".
Gemeint sind die 36 Strategien des Sunzi, deren allerbeste die
Flucht darstellt.
Die Frau spottet über die eingangs erwähnte Flucht der
Kindersoldaten nach erlittener Niederlage.
Das Shuangguan soll als Mittel der
gehobenen Unterhaltung dienen (Forderung nach Gebrauch des
Shuangguan als Mittel der Unterhaltung). (黃慶萱 Huang Qingxuan: 修辭學 Xiucixue "Lehre vom Zurechtlegen der Worte", Taibei, Sanmin shuju 1988, S. 318)
Regelrechtes Beispiel
|
章宗元妃李氏勢位
熏赫,
與皇后侔.
一日宴
宮中,
優人玳瑁頭
者,
戲於上前.
或問
上國有何符瑞,
優曰:
"汝不聞鳳凰見乎"
曰:
"知之而未聞其詳
",
優曰:
"其飛有四,
所應
亦異.
若嚮上飛則風
雨順時;
嚮下飛則五穀
豐登;
嚮外飛則四國
來朝;
嚮裏飛則加官進
祿."
上笑而罷.
Zhang Zong yuan fei Li
shi shi wei xun he, yu huang hou mou. Yi ri yan gong
zhong, you ren dai mao tou zhe xi yu shang qian.
Huo wen shang guo you he fu rui. You yue:
"Ru bu wen feng huang jian hu?"
Yue: "Zhi zhi er wei wen qi xiang." You
yue: "Qi fei you si, suo ying yi yi: ruo
xiang shang fei ze feng yu shun shi;
xiang xia fei ze wu gu feng deng; xiang wai fei ze
si guo lai chao; xiang li fei ze jia guan
jin lu." Shang xiao er ba.
|
Die Erste Konkubine des Kaisers Zhang Zong [12. Jh.], namens Li,
hatte eine mächtige Position, großen Einfluss und maß
sich mit der Kaiserin. Eines Tages spielten im Speisepalast
Schauspieler vor dem Kaiser, die eine Echte Karettschildkröte
auf dem Kopf trugen. Man fragte, was das Land des Kaisers für
ein Emblem habe. Ein Schauspieler sagte: "Hast du noch nie
etwas vom Erscheinen des Phönix gehört?" Er bekam
die Antwort: "Ich weiß davon, aber habe nichts
Genaues gehört." Der Schauspieler sagte: "Er
fliegt in vier Richtungen mit ebenso verschiedenen Ergebnissen:
wenn er nach oben steigt, kommen Wind und Regen zur rechten
Zeit; wenn er nach unten fliegt, gibt es eine reiche Ernte der
Fünf Getreide; fliegt er nach draußen, kommen die
vier Länder, um ihre Reverenz zu erweisen; wenn er nach
innen fliegt, steigt der Beamte auf und sein Gehalt wird
erhöht." Der Kaiser lachte und sagte nichts mehr.
(Geschichte der
Jin)
|
Anmerkung:
嚮裏飛 xiang
li fei "nach innen fliegen" →
嚮李妃 xiang Li fei
"zur Konkubine Li neigen" (Partei für die Konkubine
Li ergreifen)
Die eine Bedeutung der
Doppeldeutigkeit ist oft sinnlich, die andere gedanklich-abstrakt.
Von dieser Möglichkeit auf blutvoll-lebendige Weise
schattenhafte Ideen auszudrücken, soll Gebrauch gemacht werden,
um die Sprache lebendiger zu gestalten (Forderung nach
Lebhaftigkeit). (黃慶萱 Huang Qingxuan: 修辭學 Xiucixue "Lehre vom Zurechtlegen der Worte", Taibei, Sanmin shuju 1988, S. 319)
|