30 rhetorische Figuren des
Chinesischen
Auf dieser Webseite werden 30 rhetorische
Figuren des Chinesischen vorgestellt.
Worum geht es? Es geht um die chinesische Sprache. Es geht um die schönsten
Textstellen, welche die chinesische Literatur zu bieten hat.
Chinesische Literaturwissenschaftler haben diese gesammelt und
versucht, sie in ihrem Aufbau zu verstehen. Dabei haben sie den
wiederkehrenden Mustern, wie gleichsam „Worte zurechtgelegt“
werden können, damit sie schön, gedankenreich,
eindrucksvoll oder auf eine andere Art wirkungsvoll sind,
Bezeichnungen gegeben, damit sie gemerkt, wiedererkannt, verstanden
und selber angewandt werden können.
Im Deutschen gibt es übrigens "Wort
versus Wörter" und "Wort versus Worte".
Worte bestehen aus Wörtern. Die alte Bezeichnung
lebt in Redewendungen wie "Dein Wort in Gottes Ohr", "Sie
spricht ein großes Wort gelassen aus", "jemanden ins
Wort fallen", "das große Wort führen" und
"ein gutes
Wort für jemanden einlegen". Ein Wort in diesem Sinn drückt
einen Gedanken aus. Im Chinesischen gibt es für beide
Bedeutungen ein eigenes Schriftzeichen, obwohl beide gleich
ausgesprochen werden: 詞 ci
"Wort/Wörter" und 辭 ci
"Wort/Worte". Die Übersetzung von 修辭學
xiucixue – so die Bezeichnung der ganzen
chinesischen Lehre von den "Rhetorik-" oder "Stil-Mustern"
– mit "Lehre vom Zurechtlegen der Worte"
ist also beabsichtigt.
Für wen ist die Webseite?
Wer kein Chinesisch kann:
-
Sie können sich die viele
kleinen Textauszüge durchlesen. Die Beispiele zeigen
Besonderheiten der chinesischen Sprache. Ich habe sie möglichst
wortwörtlich übersetzt, um das Chinesische in seiner
Individualität zu bewahren.
-
Wenn Sie selber schreiben,
können Sie sich Inspiration aus dieser für uns immer noch
so fremden Literatur und Sprache holen.
-
Jedes Kapitel beginnt mit
einer "Hinführung". Von unserer eigenen Sprache aus
lege ich den Steg in die unbekannten Gewässer des Chinesischen.
Diese Hinführungen kommen ganz ohne Chinesisch aus.
Wer Chinesisch kann:
-
Über den Vokabeln und der
Grammatik erhebt sich eine dritte Ebene, die der Rhetorik. Worte
werden gleichsam "zurechtgelegt", um gewisse Zwecke zu
erreichen. Und sei es nur die der Schönheit. Vielleicht aber
auch, um Prüfungen zu bestehen, so im kaiserlichen China. Oder
um etwas bei anderen Menschen zu bewegen.
-
Sie lernen eine Art
Hermeneutik, eine Kunst der Interpretation, die ihnen ermöglicht,
die Texte als alter und neuer Literatur besser zu verstehen.
Die ausführliche Erläuterungen stammen aus meinem Buch über die
so genannte "Xiucixue" .
Das Wort
"Xiucixue" wird ungefähr
"siu-ze-süe"
ausgesprochen. Wer kein Chinesisch spricht, kann s statt
x sagen.
"Rhetorik" ist ein Wort von Aristoteles. Es
lenkt die Aufmerksamkeit in unsere eigene Tradition. Hier geht es
aber darum, eine fremde mit möglichst unvoreingenommenen Blick
kennen zu lernen. Deshalb die Übersetzung des chinesischen Worts
für "Rhetorik": Xiucixue
mit "Lehre (xiu) vom Zurechtlegen (xiu) der Worte (ci)".
Von der Übersetzung der Termini mit Hilfe der antiken Rhetorik
habe ich Abstand genommen, und die chinesischen
Fachbezeichnungen wortwörtlich wieder gegeben,
weil man ihnen ansonsten Gewalt antut, sie in ein System presst,
dem sie nicht entstammen und damit ihre Eigenart nicht zur
Geltung bringt.
Xiucixue und Rhetorik überschneiden sich partiell (Xiucixue =
elocutio-Teil der Rhetorik). Aber eigentlich ist es nicht ganz
korrekt: Rhetorik zielt auf Persuasion, auf Überreden und
Überzeugen, abstrakter: auf Wirkung. Das ist nicht das Anliegen
der Xiuxcixue. Wenn man das Wort "Xiucixue" wörtlich mit "Lehre
vom Zurechlegen der Worte" übersetzt, dann bleibt man neutral
eingestellt.
In der Xiucixue werden schlicht Worte gleichsam "zurecht
gelegt", zu welchem Zweck auch immer, sei es um den Willen des
Anderen zu beeinflussen oder einfach nur um in irgend einem Sinn
"schön" zu sein.
Ich hoffe, Sie finden hier Anregungen zur weiteren
Beschäftigung mit diesem wirklichen lohnenden Gebiet der
chinesischen Sprache. Man lernt, die chinesischen Texte besser
verstehen und dadurch besser zu übersetzen. Und man man lernt,
Chinesisch gewandter, mit mehr Ausdruckskraft, vor allem zu
schreiben, aber natürlich auch zu sprechen. Und ob sich da und
dort nicht auch manch' eine Anregung aus dem Chinesischen für
eine Schriftstellerin oder einen Schriftsteller zur Umsetzung im
Deutschen findet? Ich meine ja.
Entdecken Sie dieses unbekannte Gebiet! Viel Vergnügen!
Hinführung durch Beispiele
Die Xiucixue ist die Lehre von den
Möglichkeiten des Formulierens. Die folgenden Beispielen
veranschaulichen das.
Der Satz Wir werden
immer an dich denken. etwa lässt
sich verschiedenartig in Worte fassen:
-
Wir
werden immer an dich denken? (Frage)
-
Immer werden wir an dich denken.
(Wortumstellung)
-
Wir werden immer an dich
denken, an dich denken, an dich denken! (Wiederholung)
-
Wir werden immer so an dich denken, wie
wir noch nie an jemanden gedacht haben und nie an irgend jemanden
denken werden. (Übertreibung)
In jedem der insgesamt fünf
Fälle werden die Worte anders "zurechtgelegt", das
heißt, jeder Fall realisiert ein anderes
"Wortzurechtlegemuster".
-
Das erste Satzbeispiel ist eine
schlichte Feststellung.
-
Im zweiten werden die gleichen Wörter in
gleicher Kombination wie im ersten verwendet, die Satzart wechselt
jedoch von der Aussage- in die Frageform.
-
Um den dritten Satz zu
bilden, wurden wiederum die gleichen Wörtern, nun aber in einer
anderen Kombination gebraucht.
-
Im vierten erscheinen nochmals die
gleichen Wörter, jetzt teilweise wiederholt.
-
Erst im fünften
Satz werden zusätzlich Wörter aus dem Wörterreservoir
der Sprache ausgewählt und hinzugefügt.
Nicht die einzigen
aber zwei der häufigsten Operationen, die bei derartigen
Formulierungen angewandt werden, sind die Auswahl der Wörter
einerseits und ihre Anordnung anderseits.
Die Art der Auswahl und
Anordnung der Wörter bildet das
"Wortzurechtlegemuster",
ähnlich den Dominosteinen, die so ausgewählt werden,
dass
sie nach Maßgabe eines vorgestellten Musters
zusammenpassen.
Der Terminus "Wortzurechtlegemuster" stellt
die Übersetzung des
chinesischen Worts 修辭格
xiucige
dar.
Das "Wortzurechtlegen" besteht im sprachbewussten
und
gezielten Auswählen und Anordnen insbesondere von
chinesischen
Schriftzeichen zu Wortgruppen oder Sätzen.
Auf der Webseite
werden rund 30 solcher "Wortzurechtlegemuster", also 30
Möglichkeiten des Formulierens beschrieben.
Ein chinesisches Beispiel
Die Xiucixue ist sonach die Lehre von den Wortzurechtlegemustern.
Im deutschsprachigen Raum gibt es kein Äquivalent
zu dieser Art Lehre. Die Verbalisierungsmöglichkeiten werden
entweder in der Rhetorik, Stilistik, Poetik oder
Literaturwissenschaft behandelt, sind also stets in einen anderen
Zusammenhang eingesenkt. Dass es ein Äquivalent
prinzipiell geben kann, erklärt sich aus dem Parallelismus der
Verbalsierungsmöglichkeiten unter den verschiedenen Sprachen
allgemein.
Sofern sich die Formulierungsmöglichkeiten zweier
Sprachen decken, sind die Sprachen wechselseitig
übersetzbar. An jenen Stellen, wo eine Sprache eine
Verbalisierungsweise allein beansprucht, versagt jeder
Übersetzungsversuch.
Dies ist ganz deutlich bei einem der
Wortzurechtlegemuster der Fall, nämlich dem
"Schriftzeichenspalten".
Das sogenannte "Xizi"
gründet in der Eigenart der chinesischen Schrift. Der
Schriftzeichenkörper eines Worts wird in andere
Schriftzeichenkörper zerlegt, die selbständige
Repräsentanten eigenständiger Wörter sind.
Das Ausgangs-Ganze sowie seine Teile,
die als selbständige Ganze einer anderen Ordnung fungieren,
bilden die Grundlage eines Satzes. Diese Möglichkeit muss
in jeder Sprache mit lateinischer Schrift bei der
Übersetzung verloren gehen.
Nur wenn die Sprache, in welche
übersetzt wird, ebenfalls die Möglichkeit der
Aufspaltung von Schriftzeichenkörper bietet, kann das Xizi
übersetzt werden. Im Deutschen ist das nicht der Fall.
Beispiele: Schlichtes und kunstvolles Zurechtlegen
Im Folgenden wird das deutschsprachige Satzbeispiel, das zu Anfang
der Einleitung in Variationen angeführt worden ist,
aufgegriffen. Es wird dargelegt, wie derselbe Satz in einer der
Variationen im Chinesischen formuliert werden kann. Gleich
anschließend folgt ein zweites Beispiel.
Beide Beispiele zeigen, dass die Worte entweder
schlicht oder kunstvoll zurechtgelegt werden können.
Schlicht werden sie zurechtgelegt, wenn es um Sachlichkeit geht, wie
beispielsweise in wissenschaftlichen Texten; "kunstvoll"
hingegen, wenn es um die sprachliche Form zu tun ist, wie zum
Beispiel in literarischen Texten.
"Kunstvoll" ist nicht im
Sinn von "voll Kunst" gemeint, sondern "nach Art der
Kunst auf die Form bedacht", wie etwa ein "kunstvoll
gedeckter Tisch" noch keine Kunst bedeutet.
Chen Wangdao
unterscheidet dem schlichten und dem kunstvollen Zurechtlegen
entsprechend die "negative Xiucixue" (消極修辭學
xiaoji
xiucixue) und die "positive
Xiucixue" (積極修辭學
jiji
xiucixue).
Die "positive Xiucixue" gilt ihm in erster Linie als die
Lehre von den 修辭格
xiucige
"Wortzurechtlegemustern".
Die Wortzurechtlegemuster kommen ebenso in wissenschaftlichen
Texten vor wie in literarischen. Der einfache Stil der schlicht
zurechtgelegten Worte verdankt sich nicht selten ebenso wie der
literarische Stil der kunstvoll zurechtgelegten Worte gespanntester
Konzentration und höchstem Raffinement.
Der Unterschied zwischen
schlichtem und kunstvollem Zurechtlegen der Worte liegt nicht in der
Tatsache des Verwendens von Wortzurechtlegemustern, sondern vielmehr
in der Art der Aufmerksamkeitslenkung.
Das schlichte Zurechtlegen
führt die Aufmerksamkeit des Rezipienten geradewegs auf das
Mitgeteilte.
Das kunstvolle hingegen lenkt sie nicht nur auf das
Mitgeteilte allein, sondern zusätzlich auf die Art und Weise,
auf die Gestaltung und Form der Mitteilung; die Signifikanten
verweisen in der Sprache der Strukturalisten – autoreflexiv
auf sich selbst (siehe die Beispiele unten).
Von der positiven Xiucixue führt kein Weg per
negationem zur negativen: das schlichte Zurechtlegen der
Worte entsteht nicht einfachhin durch das Meiden der
Wortzurechtlegemuster. Es lassen sich schlichte Sätze
figurieren, die sich an Wortzurechtlegemuster halten, und es
lassen sich Wortzurechtlegemuster verwirklichen, ohne dass sich
kunstvolle Sätze bilden.
Der Unterschied, so wie in Chen Wangdao trifft, ist zwar möglich,
hilft aber wenig bei der Bestimmung des Gegenstandsgebiets. Die Webseite behandelt mithin Huang Qingxuan
folgend, welcher die "positive Xiucixue" mit der
"Xiucixue" schlechthin gleichsetzt, nur die positive Xiucixue.
Die Xiucixue definiert sich im Folgenden als eine Lehre von Mustern, nach
welchen die Worte zurechtgelegt werden können, gleichviel ob
schlicht oder kunstvoll.
Schlichtes Zurechtlegen
|
Kunstvolles Zurechtlegen
|
我們
永遠
想念你.
Women yongyuan xiangnian ni.
|
Wir werden immer an dich denken.
|
我們
永遠
想念你,
想念你,
想念你!
Women yongyuan xiangnian ni,
xiangnian ni, xiangnian ni!
|
Wir
werden immer
an dich denken, an dich denken, an dich
denken!
|
|
|
|
|
真正的
好文章
是不隨便
用, 甚至於
干脆不用
形容詞和
典故的.
Zhenzheng de hao wenzhang shi bu
suibian yong, shenzhiyu gancui bu yong xingrongci he diangu de.
|
Die [sprachlichen Ausdrucksmittel] eines wahrhaft guten Textes
werden nicht beliebig gehandhabt, selbst die spröde
[Sacharstellung] vermeidet [bewusst] Beiwörter und
Anspielungen.
|
真正的
好文章
是不隨便
用, 甚至於
干脆不用
形容詞和
典故的,
好象美麗
的人
用不著多
施脂粉, 亂
穿衣服
一樣.
Zhenzheng de hao wenzhang shi bu
suibian yong, shenzhiyu gancui bu yong xingrongci he diangu de,
haoxiang meili de ren yongbuzhao duo shi zhifen, luan chuan yifu
yiyang.
|
Die [sprachlichen Ausdrucksmittel] eines wahrhaft guten Textes
werden nicht beliebig gehandhabt, selbst die spröde
[Sacharstellung] vermeidet [bewusst] Beiwörter und
Anspielungen, der Schönen gleich, welche auch
ohne viel Schminke auskommt und unordentlich die Kleidung trägt.
|
Es gibt bis heute noch keine umfassende Darstellung der
Xiucixue im deutschsprachigen Raum. Diesem Mangel soll mit den
vorliegenden Texten abgeholfen werden.
Blick über die 30 Grundbegriffe
-
"Gefühlsseufzer":
Gantan 感嘆.
Das Zurechtlegen von Empfindungsworten, um beispielsweise Klage,
Überraschung, Ekel
oder Verwunderung auszudrücken, wird als "Gantan"
bezeichnet
-
"Fragenstellen":
Shewen 設問.
Das Zurechtlegen der Worte zu einer Frage, heißt "Shewen".
-
"Beschreiben":
Moxie 摹寫.
Werden die Worte so zurechtgelegt, dass sie eine Sache beschreiben,
sprechen die chinesischen Theoretiker/innen vom Wortzurechtlegemuster
"Moxie".
-
"Nachahmen":
Fangni 仿擬.
Das Zurechtlegen der Worte so wie sie ein anderer zurechtgelegt
hat, heißt "Fangni". Eine literarische Vorlage wird
variierend kopiert.
-
"Zitieren":
Yinyong 引用.
Legt man nicht nur eigene, sondern zudem Worte anderer Personen
zurecht, so hat man das Wortzurechtlegemuster "Yinyong"
angewandt.
-
"Versteckte Wörter":
Cangci 藏詞.
Legt man die Worte so zurecht, dass Worte
fehlen, welche aber erraten werden können, so handelt es sich
um ein Anwendung des Wortmusters "Cangci".
-
"Fliegendes Weiß":
Feibai 飛白.
Werden die Worte absichtlich fehlerhaft
zurechtgelegt, nennt man das "Feibai".
-
"Schriftzeichenspalten":
Xizi 析字.
Wenn die geschriebenen Worte so zurechtgelegt werden, dass ein
Schriftzeichen gleichsam wie ein Holzstück mit der Axt derart
aufgespalten wird, dass jeder abgespaltene Teil selbständig ein
neues eigenes Schriftzeichen und Wort ergibt, sprechen die
chinesischen Theoretiker/innen vom Wortzurechtlegemuster "Xizi".
-
"Wortartverwandlung":
Zhuanpin 轉品.
Wird ein einzelnes Wort beispielsweise einmal als Verb, ein andermal
als Adjektiv oder Substantiv zurechtgelegt, bezeichnet man diese
Weise der Wortartänderung als "Zhuanpin".
-
"Krümmen":
Wanqu 婉曲.
Das "Wanqu" ist das Zurechtlegen der Worte derart, dass
sie den Gegenstand nur umschreiben oder andeuten, ihn aber nicht
direkt bezeichnen.
-
"Übertreiben":
Kuashi 夸飾.
Werden die Worte so zurechtgelegt, dass das dargestellte Maß
über das tatsächliche Maß hinausgeht, es gleichsam
überbietet, dann bezeichnet man dieses Wortzurechtlegemuster
als "Kuashi".
-
"Illustratives Erläutern":
Piyu 譬喻.
Die Worte können kraft des
Wortmusters "Piyu" auch so zurechtgelegt werden, dass
beschriebener Gegenstand oder erzähltes Geschehen für das
innere, geistige Auge etwa durch einen Vergleich anschaulich
sichtbar werden.
-
"Lehnersatz":
Jiedai 借代.
Legt man zur Bezeichnung einer Sache nicht die exakten, sondern die
von einem Einzelaspekt dieser Sache oder seiner Umgebung gleichsam
ausgeliehenen Worte, zurecht, handelt es sich um eine Anwendung des
Wortmusters "Jiedai".
-
"Verwandeln":
Zhuanhua 轉化.
Macht der Schreiber oder Sprecher durch die Art, wie er die Worte
zurechtlegt, aus toten Gegenständen Lebewesen oder verdinglicht
umgekehrt Menschen, dann bedient er sich bewusst oder unbewusst des
Wortmusters "Zhuanhua".
-
"Kontrastieren":
Yingchen 映襯.
Die Worte können zu Gegensätzen zurechtgelegt werden, so
dass vage Unterschiede durch den entstehenden Kontrast deutlicher
hervortreten. Diese Möglichkeit der Sprache nennt man
"Yingchen".
-
"Doppelbezug":
Shuangguan 雙關.
Das absichtliche Zurechtlegen doppel-deutiger Worte heißt
"Shuangguan".
-
"Umkehrung und Umwendung":
Daofan 倒反.
Die Worte können auch so zurechtgelegt
werden, dass sie, neutral oder mokant, das Gegenteil dessen sagen,
was tatsächlich gemeint ist. Dieses Wortzurechtlegemuster heißt
"Daofan".
-
"Symbol":
Xiangzheng 象徵.
Die Worte können so zurechtgelegt werden, dass ein sichtbarer,
fasslicher Gegenstand vorgestellt wird, der eine abstrakte Bedeutung
vertritt. Das zugrundeliegende Wortzurechtlegemuster heißt
"Xiangzheng".
-
"Präsentation":
Shixian 示現.
Orientiert sich das Zurechtlegen der Worte an der sinnlichen
Wahrnehmung des Alltags, dann werden die Gegenstände so
dargestellt, dass sie vermöge der Vorstellung gleichsam
gesehen, gehört, gerochen, geschmeckt oder hautnah gespürt
werden können. Da die reale sinnlichen
Erfahrung nur in der Gegenwart möglich ist, kommt es durch die
sinnliche Darstellung zu einer Art Vergegenwärtigung, ein
Phänomen, das sowohl in der chinesischen Bezeichnung "Shixian"
wie in seiner deutschen Übersetzung "Präsentation"
anklingt.
-
"Anrufen":
Hugao 呼告.
Das "Hugao" ist das Anrufen von Dingen, Pflanzen, Tieren,
menschlichen oder übermenschlichen Wesen. Das Zurechtlegen der
Worte folgt einer bestimmten Ordnung: es wird meist zuerst der Namen
der angerufenen Personen genannt und erst dann folgt die Mitteilung.
-
"Einpressen und Einfügen":
Xiangqian 鑲嵌.
Werden zwischen Worten "kollektive
Wortverbände" oder "Kataloge" eingefügt,
entweder als ganze oder aufgesplittert, handelt es sich um ein
"Xiangqian". Solche "Kataloge" sind
beispielsweise "Frühling, Herbst, Sommer, Winter",
"Osten, Süden, Norden, Westen", die fünf
chinesischen Grundfarben "Blau, Gelb, Rot, Weiß,
Schwarz", die fünf Geschmacksqualitäten "sauer,
süß, bitter, scharf,
salzig", die fünf inneren Organe "Herz, Leber,
Milz, Lunge, Niere", die Dezimalreihe "eins, zwei, drei,
vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn" oder die
Lagebezeichnungen "links, rechts", "oben, unten".
-
"Sichgleichen und Aufschichten":
Leidie 類叠.
Das Wortzurechtlegemuster "Leidie"
besteht im Zurechtlegen der gleichen Worte, entweder unmittelbar
nacheinander oder durch andere unterschiedliche Worte getrennt. Es
entstehen Wiederholungen von Wörtern oder Sätzen im
Kontakt oder auf Distanz.
-
"Korrespondierende Paarglieder":
Duiou 對偶.
Legt man die Worte auf die gleiche Weise
zurecht, nämlich so, dass die Wörter in zwei Sätzen
zwar verschieden, die Wortartenabfolge und Wortanzahl in dem einen
und dem anderen Satz aber gleich sind, dann handelt es sich um ein
"Duiou".
-
"Reihung gleicher Glieder":
Paibi 排比.
Legt man, um einen Sachverhalt zu
beschreiben, die Worte von drei oder mehr Sätzen stets ungefähr
in der gleichen Wortartenabfolge zurecht, so sprechen die
Theoretiker/innen der "Lehre vom Zurechtlegen der Worte" von
einem "Paibi".
-
"Weitergeben in Schichten":
Cengdi 層遞.
Das auf- oder absteigernde Zurechtlegen der Worte heißt "Cengdi".
-
"Fingerhut":
Dingzhen 頂針.
Die Worte so zurechtlegen, dass ein Wort (Wortgruppe)
vom Satzende des vorhergehenden sich am Satzanfang des darauf
folgenden Satzes wiederholt, nennt man "Dingzhen".
-
"Umkehrschrift":
Huiwen 回文.
Legt man die Schriftzeichen zu einer Reihe zurecht und wiederholt
man dieselbe Reihe aber in umgekehrter Folge, beziehungsweise legt
man sie so zurecht, dass ein Satz recht- wie rückläufig
gelesen einen Sinn ergibt, handelt es sich um ein "Huiwen".
-
"Verhedderung":
Cuozong 錯綜.
Werden die Worte so zurechtgelegt, dass sie sich teils wortwörtlich,
teils synonym wiederholen, so wendet man eine Form des "Cuozong"
an.
-
"Wechselndes Umhüllen":
Daozhuang 倒裝.
Wenn man dieselben Worte einmal zu diesem
und einmal zu einem andern Satz zurechtlegt, sie also wie
Dominosteine nur neu ordnet, ohne dass ein Stein hinzugefügt
oder weggelassen wird, dann handelt es sich um eine Anwendung des
"Daozhuang".
-
"Springen und Auslassen":
Tiaotuo 跳脫.
Werden die Worte gleichsam einer Linie
gemäß zurechtgelegt, und wird diese Linie entweder unter-
oder abgebrochen, dann spricht man von einem Tiaotuo. Der Satzfluss
wird beispielsweise durch eine Zwischenbemerkung unterbrochen oder
der Sprecher kommt ins Stocken und bricht seine Rede ganz ab.
|